1975-2002: zwei neue Schulgebäude

Die beiden Jahre 1975 und 2002 gehören zu den Schlüsselmomenten in der Geschichte der Ingenieurschule Freiburg (ISF). In diesen Jahren werden zwei Gebäude gebaut, die sich massgeblich auf die Entwicklung der Schule auswirken werden. Der Bau des ersten Gebäudes, das über 700 Studierende aufnehmen kann, trägt den steigenden Studierendenzahlen in den 1960er-Jahren Rechnung und soll die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Kantons fördern und mitgestalten. Im zweiten Neubau soll insbesondere der neue Studiengang Informatik untergebracht werden und es der Schule ermöglichen, sämtliche Bedingungen für den Status einer Fachhochschule (FH) zu erfüllen.

In die Jahre 1975-2002 fällt auch die Leitung der Schule durch François Hemmer (1980-2002), den wir demnächst porträtieren werden. Unter seiner Leitung erhält die Schule 1991 ein neues Gesetz, welches das veraltete Gesetz aus dem Jahr 1903 ersetzt.

Ein langersehnter Neubau

Das neue Gebäude, gebaut nach 1975

Im vorherigen Kapitel haben wir auf den Mangel an Infrastrukturen hingewiesen, mit dem die Ingenieurschule in den 1960er-Jahren zu kämpfen hatte. Angesichts der steigenden Zahl an neuen Studierenden ist sie gezwungen, zu reagieren.

Nach jahrelanger Arbeit ist es soweit. Am 7. Februar 1975 um 15 Uhr wird der Neubau der ISF eingeweiht. Die zivilen Behörden, die Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Industrie sowie der Lehrkörper und die Studierenden wohnen der Einweihung bei.

Bei dieser Gelegenheit hält Jean-Marie Gobet, Direktor der Schule von 1974 bis 1980 eine Rede, in der er auf die Vorteile des neuen Gebäudes verweist:

«Angesichts dieser Herausforderungen und der grossen Ermüdungserscheinungen, die es zeigte, konnte das alte Gebäude seine Funktion nicht mehr erfüllen. Zum einen war seine Struktur nicht geeignet, um Labore einzurichten, die für einen modernen Unterricht benötigt werden und die den Anforderungen der heutigen Technik angepasst sind. Zum andern verdienten die alten Unterrichtsräume offen gesagt diese Bezeichnung kaum mehr und sie wurden zu eng, um die ständig wachsende Zahl von Studierenden aufnehmen zu können – ein Wachstum, das zum Teil auch dem erfreulichen Wirtschaftsaufschwung in unserem Kanton geschuldet ist.

Heute ist das neue Unterrichtsgebäude des Technikums Realität geworden. Zu Beginn des laufenden Schuljahrs konnten die Studierenden und die Lehrer fast alle Räumlichkeiten nutzen, nur ein einziges Labor war noch nicht vollständig eingerichtet.

Es zeigt sich bereits, dass die überwiegende Mehrheit der gewählten Lösungen sinnvoll und keine davon übertrieben luxuriös ist.

Die Unterrichtsräume sind einfach und hell, die Böden mit einem sehr widerstandsfähigen und schalldämmenden Teppich bezogen, was der geistigen Arbeit sehr förderlich ist.

Die modulare Bauweise des Gebäudes erlaubt es, die Klassen zu Beginn des Schuljahres entsprechend ihrer von Jahr zu Jahr schwankenden Studierendenzahl einfach einzuteilen. Derzeit liegt die durchschnittliche Zahl der Studierenden bei 16 pro Klasse. Bei einer vollen Auslastung von sämtlichen Räumen kann das Gebäude etwas mehr als 700 Studierende aufnehmen.

Die Labore sind mit einer modernen Grundausstattung versehen und haben alle der Kapazität des Gebäudes entsprechende Erweiterungsmöglichkeiten.»[1]

Am Ende seiner Rede kommt der Direktor auf die Baukosten zu sprechen. Die auf 15,3 Millionen veranschlagten Gesamtausgaben belaufen sich schlussendlich auf 17,8 Millionen Franken:

«Der Kredit, der für den Bau dieses Gebäudes im vom Grossen Rat im Mai 1970 verabschiedeten Dekret bewilligt wurde, belief sich auf 15 Millionen 300’000 Franken. In diesem Betrag war der allgemeine drastische Anstieg der Baukosten während der gesamten Bauzeit natürlich nicht berücksichtigt.

Dank einer Rückrechnung können wir heute sagen, dass die Gesamtausgaben – um innerhalb der Grenzen des ursprünglich gewährten und entsprechend der Staffelung der Arbeiten zwischen 1971 und 1974 indexierten Kredits zu bleiben – rund 17,8 Millionen Franken betragen sollten.»

Anschliessend ergreift Staatsrat Pierre Dreyer das Wort. Laut ihm drückt der Neubau den Willen der Behörden aus, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Kantons zu fördern:

«Der Bau des neuen Schulgebäudes ist Ausdruck einer bewussten Politik zugunsten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung des Kantons, die auf der Bereitstellung einer ganzen Infrastruktur beruht, deren Eckpfeiler die Bildung ist. Die Investitionen des Kantons, die unter grossen Opfern in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen getätigt wurden, wären vergeblich, wenn sie nicht von entsprechenden Bemühungen im Bereich der Ausbildung junger Menschen begleitet würden. Deshalb hat der Grosse Rat innerhalb weniger Jahre, getreu den aufeinanderfolgenden Legislaturprogrammen des Staatsrats, dem Bildungssektor Priorität eingeräumt. Es handelt sich um Investitionen im wahrsten Sinn des Wortes und nicht um Ausgaben – diese beiden Begriffe werden leider nur allzu oft verwechselt, insbesondere von jenen, denen das Ausmass der Ausgaben ohne unmittelbaren Ertrag Sorge bereitet. Die Auswirkungen der Opfer unserer Generation werden erst langfristig sichtbar werden. Die Erträge werden sich zwar nicht materialisieren lassen, sind deshalb aber nicht minder wertvoll.»[2]

Mit einem Volumen von 53’300 m3 bietet die neue Schule Platz für 700 Studierende in 42 Räumen, darunter:

  • drei Hörsäle;
  • Zeichensäle;
  • die elektronische Werkstätte der Berufsschule;
  • Labore für Hochspannung, elektrische Maschinen, Telekommunikation, Hydraulik, Elektronik, Sprachen, Chemie, Physik;
  • ein Konferenzraum mit 250 Plätzen;
  • eine Cafeteria;
  • ein Lesesaal;
  • Verwaltungsbüros.
Das Klassenzimmer in den späten 1980er Jahren

1983-1984: Bereits wird über einen weiteren Neubau nachgedacht

Öffentlicher Besuch auf dem Gelände der neuen Schule, 9. Juli 1993

Zu Beginn der 1980er-Jahre wird der Bedarf an neuen Räumlichkeiten deutlich spürbar. Es drängen immer mehr Studierende an die Schule, so dass drei Dekane ernannt werden: Jacques Crausaz für Elektrotechnik, Jean-Pierre Brügger für Bauingenieurwesen und Pierre Zwick für die École des chefs de chantier.

Parallel dazu hat die Einführung der Studiengänge Informatik und Telekommunikation, auf die wir demnächst eingehen werden, die Situation nicht verbessert. Der Staatsrat beauftragt eine Kommission mit der Untersuchung der Bedürfnisse der Schule. Zunächst wird eine Erweiterung der bestehenden ins Auge gefasst, es zeigt sich aber rasch, dass man nicht um den Bau eines neuen Gebäudes umhinkommt.

In der Festschrift zum Hundertjahrjubiläum sind die verschiedenen Schlüsselmomente dieses Bauprojekts nachzulesen:

1983: Der Staatsrat beauftragt eine Kommission, den Raumbedarf der Schule zu untersuchen. Dazu wird ein Kredit von CHF 75’000 gewährt. Die Pérolles-Ebene scheint der ideale Standort zu sein.

1984: Bis zu diesem Datum wurde eine Erweiterung der Räumlichkeiten ins Auge gefasst. Ab sofort ist von einem neuen Gebäude die Rede. Das Architekturbüro Joye-Decroux wird mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Seine Aufgabe ist es, die verfügbaren Grundstücke in der Umgebung zu prüfen. Kanton und Stadt einigen sich und es wird ein Projektwettbewerb lanciert.

1985: 26 Projekte werden eingereicht. Sechs werden ausgewählt und in der École du Jura ausgestellt.

1986: Am 17. September wird das Projekt schliesslich an den Wettbewerbsgewinner, das Architekturbüro Herren und Damschen in Bern, vergeben.

1987: Am 7. Dezember nimmt die Baukommission der neuen Ingenieurschule unter dem Vorsitz von Staatsrat Edouard Gremaud ihre Arbeit auf.

1989: Am 17. Februar genehmigt der Freiburger Grosse Rat das Projekt der neuen Schule. Am 4. Juni stimmt die Freiburger Bevölkerung dem Projekt zu: Der Kredit von 105 Millionen wird mit überwältigender Mehrheit angenommen. Der Kanton möchte, dass die Schule auch den Deutschsprachigen offensteht. Wir werden in einem späteren Kapitel auf die Bedeutung der Zweisprachigkeit in der Debatte um diesen Neubau zurückkommen.

1991: Der erste Spatenstich erfolgt durch Staatsrat Gremaud.

Öffentliche Besichtigung der Baustelle, 9. Juli 1993

1995: Das Gebäude wird eröffnet.

Der Neubau markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung der Schule. Sie erfüllt nun die erforderlichen Bedingungen, die für den Status einer Fachhochschule (FH) nötig sind. Im Jahresbericht 1995-1997 hält Direktor François Hemmer fest:

«Von Anfang an bestand eine der Prioritäten darin, die Bedürfnisse der FH zu antizipieren. Die Unterrichtsräume, Labore, sämtliche Infrastrukturen und die Modernisierung der Ausrüstung wurden mit diesem Ziel vor Augen realisiert. Jeder Professor verfügt nun über einen Arbeitsplatz an der Schule. Dies ist für den reibungslosen Betrieb der Schule von grosser Bedeutung. Die vielen Personen aus dem Wirtschafts- und Bildungsbereich, die die Gelegenheit hatten, unser Gebäude zu besichtigen, haben seine Qualitäten erkannt […] Das Gebäude wurde im Hinblick auf die anstehende Reform der Berufsbildung in der Schweiz konzipiert. Ziel war es, einen Bildungsweg zu schaffen, der parallel zum klassischen universitären Bildungsweg verläuft und jungen Menschen die Möglichkeit gibt, einen Hochschulabschluss zu erlangen, der den europäischen Standards entspricht. Die Berufsmatura ist ebenfalls Teil dieser Reform, die zur Schaffung von Fachhochschulen führen wird.»[3]

Im April 1995 wird die HES-SO geschaffen, um auf Wunsch des Bundes alle Schulen zusammenzufassen, die sich um den Status einer Fachhochschule bewerben. Wir werden demnächst darauf zurückkommen.

1991: ein neues Gesetz für die Schule

Die Berufsschule wurde 1896 gegründet, aber erst 1903 erhielt sie ihr erstes Gesetz. Nach seiner Einführung blieb diese erste Rechtsgrundlage beinahe 90 Jahr lang in Kraft, bis sie 1991 ersetzt wurde.

Das neue Gesetz über die Ingenieurschule vom 13. November 1991 enthält sieben Kapitel und 36 Artikel. Diese regeln verschiedene Aspekte wie die allgemeinen Bestimmungen, die Organisation der Schule, die Studierenden und Professoren sowie, als grosse Neuerung, die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung:

«Fünftes Kapitel:

Anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung.

Art. 25 – Die in Artikel 3 Buchstabe c des vorliegenden Gesetzes genannte anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung erfolgt in Form von Arbeiten für Dritte und von internen Projekten.

Die Ausführung von Arbeiten für Dritte unterliegt den Regeln der Wirtschaftlichkeit. Die Schule muss jedoch sicherstellen, dass sie keine Dienstleistungen anbietet, die bereits in grossem Umfang vom privaten Sektor angeboten werden.

Die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung muss zur Qualität der Ausbildung und zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kantons beitragen.»[4]


[1] Jahresbericht 1974-1975, S. 14-19

[2] Jahresbericht 1974-1975, S. 23-25

[3] Jahresbericht 1995-1997, S. 3.

[4] Festschrift zum Hundertjahrjubiläum der HTA-FR, S. 60