«Was ist aus den Studierenden geworden?»

Im April berichten auf diesem Blog ehemalige Studierende über ihr Studium an der HTA-FR und darüber, wie sie die Studienzeit persönlich und beruflich geprägt hat.

Wir nutzen die Gelegenheit, und erteilen den Studierenden das Wort, die vor sehr langer Zeit an der Schule studiert haben.

In der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Technikums von Freiburg ist zu lesen:

«Hingegen finden unsere Absolventen dank ihrer hervorragenden technischen Ausbildung, ihrer Willigkeit, ihrer Ausdauer, ihrem Pflichtbewusstsein rasch eine gute Stelle. […] Ein Ehemaliger schrieb uns im Mai 1920: «Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die ausgezeichnete Ausbildung, die ich am Technikum genossen habe, Früchte zu tragen beginnt. Ich bin vor kurzem zum Chef des Ingenieurbüros der ateliers D. ernannt worden, ein Unternehmen, das seit langem für die Konstruktion von Hebevorrichtungen für Giessereien und Stahlwerke bekannt ist. Ich stelle Genugtuung fest, dass diese Ernennung fast genau zwei Jahre nach meinem Abschluss am Technikum erfolgt ist. Mein ganzer Dank gilt meinen hervorragenden Lehrern für die gute Ausbildung, die ich bei ihnen genossen habe.»[1]

Das tägliche Leben in Fribourg.
Unterführung des Bahnhofs Fribourg, Seite Beauregard, zwischen 1910 und 1920.
© BCU Fribourg, Fonds Prosper Paul Macherel

Im Jahresbericht 1910-1911[2] wird eine regelrechte Bestandesaufnahme der Absolventen gemacht:

«Was ist aus unseren Schülern geworden ist?

Viele Eltern fragen sich wahrscheinlich, was aus unseren Ehemaligen geworden ist und was für eine Stelle sie gefunden haben. Wir werden versuchen, diese Frage anhand von Dokumenten zu beantworten, die uns die Schüler selber zur Verfügung gestellt haben. Mehrere Elektromechanikstudenten, deren Eltern in Freiburg wohnen, sind in den technischen Büros der Verwaltungen der Société des Eaux et Forêts oder Tusy-Hauterive angestellt, wo sie durchschnittlichen 1800 bis 2000 Franken verdienen. Einer von ihnen, der das Technikum im Jahr 1900 abgeschlossen hat, ist heute stellvertretender Betriebsleiter und Netzleitet von Tusy-Hauterive, er verdient 3000 Franken pro Jahr.

Das tägliche Leben in Fribourg.
Frau am Steuer eines Lancia Torpedo mit Acetylenbeleuchtung, um 1912.
© BCU Fribourg, Fonds Prosper Paul Macherel

Ein weiterer Elektromechaniker ist in Oerlikon in einem technischen Büro für Transformatoren angestellt, wo er bald stellvertretender Chef wird und 3000 Franken verdient. Derzeit arbeitet er als Ingenieur im Projektbüro für Eisenbahnanlagen im gleichen Unternehmen.

Ein anderer Elektromechaniker arbeitet als Kontrolleur im Bereich Wicklung und Elektrik in den Werkstätten Brown, Boveri und Cie. in Mailand, wo er 300 Franken monatlich verdient.

Wieder ein anderer Schüler hat drei Jahre lang in den Werken von Montbovon als Monteur und ein Jahr lang für die Elektrizitätsgesellschaft Thomson-Houston in Paris gearbeitet, bevor er Direktor des Elektrizitätswerks in Villefranche-sur-Mer wurde, wo er 3600 Franken mit Aussicht auf Beförderung verdient.

Ein weiterer Schüler aus dem Seebezirk, der als Bauingenieur in einer Maschinenfabrik arbeitet und 3600 Franken verdiente, ist Vertreter einer grossen deutschen Firma in der Schweiz geworden, die ihm einen Lohn von 6000 Franken zahlt.

Ein anderer unserer Schüler ist stellvertretender Direktor der Société des Forges de Bellecourt im belgischen Manage, wo er 4000 Franken plus Gewinnbeteiligung verdient. Er hat das Technikum erst vor sechs Jahren abgeschlossen.

Ein weiterer Schüler, Sohn eines SBB-Angestellten in Freiburg, der sein Studium 1904 abgeschlossen hat, arbeitete wie so viele seiner ehemaligen Kommilitonen in den Büros der Société des Eaux et Forêts und danach im Elektrizitätswerk von Wetzikon (Zürich). Heute ist er Leiter der elektrischen Dienste des Bahnhofs von Bern und des Bezirks Bern-Burgdorf-Langnau-Thun-Lyss und verdient 5000 Franken.

Ein weiterer Absolvent des Jahres 1900 ist heute Leiter des Bauplanungsbüros der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich. Ihm sind 17 Personen unterstellt, darunter drei Ingenieure, zwei Geometer und acht Techniker. Er verdient 5000 Franken.

Ein anderer Schüler ist heute technischer Angestellter des Bauunternehmens C. Banfi in Mailand, wo er 3000 Franken verdient.

Ein weiterer Absolvent von 1903 ist Ingenieur im Büro Brazzola (Stahlbetonbodensysteme) in Lausanne mit einem Lohn von 3000 Franken.

Ein Schüler ist Ingenieur bei der Gesellschaft Thomson-Houston (Herstellung elektrischer Anlagen und Geräte) in Paris, wo er 4000 Franken verdient.

Ein weiterer Schüler ist Partner in einem Patentbüro in Paris, das monatlich einen Umsatz von rund 6000 Franken erzielt und dessen Kunden die Unternehmen Sulzer in Winterthur, Maggi in Kempthal und viele andere sind. Er schätzt seinen Lohn auf mindestens 500 Franken pro Monat.

Ein junger Franzose, der seinen Abschluss 1908 gemacht hat, ist Schichtleiter für den gesamten Betrieb eines Wasserkraftwerks mit 25000 PS in Ventavon (Hautes-Alpes), das Marseille mit Strom versorgt.

Das tägliche Leben in Fribourg.
Geparkte Autos, Stadtteil Pérolles, Freiburg, zwischen 1920 und 1930.
© BCU Fribourg, Fonds Prosper Paul Macherel

Ein junger italienischer Absolvent wurde nach nur eineinhalb Studienjahren als Handelsreisender in einer Kettenfabrik in Nebikon (Luzern) angestellt, wo er 3000 Franken verdient.

[…]

Die Ecole du bâtiment wurde gegründet, um Techniker-Architekten, Bauingenieure und Bauunternehmer, Bauleiter, Poliere und Bauzeichner auszubilden.

Konnte diese Schule ihre Versprechen halten? Gewiss doch!

Einer ihrer Schüler ist seit einigen Jahren bei einem Architekten in Vevey als Kostenplaner und kaufmännischer Leiter des Büros angestellt.

Ein anderer lebt im Greyerzbezirk und leitet seit drei Jahren bei seinem Vater eine Baustelle mit einem Dutzend Steinmetzen und 20 Maurer und Arbeitern sowie einen Marmorsteinbruch. Er hat den Bau der Kirche von Bellegarde (Freiburg) geleitet.

Ein Luzerner hat eine ähnliche Stelle bei seinen Eltern in Willisau inne. Ein Elsässer (aus Sainte-Croix-aux-Mines) ist selbstständiger Architekt und Unternehmer und beschäftigt einen Vorarbeiter, einen Buchhalter und 30 bis 40 Arbeiter.

Andere arbeiten als Architekten in Aigle, Saint-Maurice, Martigny, ein weiterer in Lugano-Paradiso, wo er je nach Jahreszeit 50 bis 200 Arbeiter beschäftigt.

Ein weiterer Schüler aus Solothurn, ausgebildeter Steinmetz und Bildhauer, musste aufgrund familiärer Umstände seinen Beruf aufgeben. Er arbeitet seit 1904 im technischen Büro der SBB in Porrentruy, wo er als Bauleiter für den Bezirk Porrentruy und Glovelier-Delle zuständig ist (Brücken, Tunnel, Stützmauern, Bau von Bahnhöfen, Gleisbau, Signalanlagen) und 80 Arbeiter unter sich hat.

Schliesslich war einer unserer Schüler aus Yverdon Bauleiter beim Bau des Simplontunnels, der Staatsbank und des Salesianums in Freiburg. Derzeit ist er bei einem grossen Bauunternehmen in Yverdon tätig, die ständig 40 bis 50 Arbeiter beschäftigt.»

Weiter wird aufgelistet, was aus den Geometern, Zeichenlehrern und den Schülern der Lehrlingsabteilung geworden ist.

Um eine sehr gute Vorstellung, in Bildern, vom täglichen Leben dieser Zeit zu bekommen, empfehlen wir das prächtige Buch „Fribourg Belle Epoque“, das dem Foto-Workshop von P. Macherel gewidmet ist und 2017 gemeinsam von der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg, dem Museum für Kunst und Geschichte Freiburg und der Historischen Gesellschaft des Kantons Freiburg herausgegeben wurde.

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[1] Genoud Léon, Le Technicum de Fribourg: école des arts et métiers, 1896-1921, Impr. Fragnière, 1921, S.66-67

[2] Technicum – Ecole des arts et métiers, Jahresbericht 1910-11. Freiburg, Druckerei St. Paul 1911, S. 32-34